„Es ist ein großer Irrtum zu glauben, jetzt müssen alle ganz schnell therapiert werden. Die Wissensc
- Anja Herzog
- 6. Apr. 2017
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Die Entwicklung von Strategien zur Bewältigung von Herausforderungen in der Zeit der Adoleszenz bis zum jungen erwachsenen Alter wirkt sich dauerhaft auf die Bewältigung von Stressoren aus. Ein hoher Kohärenzsinn in sozialen Konflikten wird in der Emotionsregulierung deutlich. Dies beinhaltet, dass Auseinandersetzungen als realistisch betrachtet werden und weniger als Angriff oder Bedrohung interpretiert. Dies steht im Zusammenhang der verfügbaren Ressourcen.
Konfliktpotentiale werden durch Diskrepanzen deutlich. Diskrepanzen entstehen durch ein Ungleichgewicht der eigenen Ziele, Bedürfnisse und der Motivation in der Analogie der externen Anforderungen.
John Dollard formuliert in seiner Frustration- Aggressionstheorie (1939), dass Aggressionen entstehen, wenn Menschen an der Verfolgung bestimmter Ziele gehindert werden. Hierbei verhält sich die Frustration proportional zur Aggression. Laut dieser These wäre Aggression immer ein Resultat von Frustration. Dies wird durch Tomasello (2010) widerlegt mit dem Wortlaut, dass der Mensch ein kooperatives Wesen ist und Informationen, Aufgaben und Ziele teilt.
Ein weiterer Vertreter, der sich mit der komplexen Thematik der Aggression auseinandersetzte, war Dolf Zillmann (2004). Er entwickelt die 3-Faktoren-Theorie. Diese setzte sich aus den komplexen Wirkungen der Disposition, der Erregung und drittens den Erfahrungen zusammen. Somit distanzierte er sich von der Haltung, dass der aggressive Akt die Folge von erlernten Verhaltensweisen darstellt, sondern auch ein Resultat geistiger Prozesse beinhaltet.
Die Definition der beiden Begrifflichkeiten der Diskrepanz und der Aggression verdeutlichen die Intensität der Auseinandersetzung.
Eine Diskrepanz entsteht durch ein Missverhältnis zwischen zwei Sachen, eine Widersprüchlichkeit. Synonym können hierfür auch Begriffe wie Abweichung, Differenz, Inkonsistenz, Widerspruch verwendet werden .
Eine Aggression definiert ein ausgerichtetes Verhalten, was durch einen Affekt ausgelöst wird. Dies zielt aus der Perspektive des Angreifers auf einen Machtzuwachs ab. Es ist eine feindselige ablehnende Haltung. Ralf Wesuls (2004) bezeichnet aggressive Verhaltensweisen als aktiv und zielgerichtet, was zu einer Schädigung, Schwächung und Angstauslösung des betroffenen Individuums führt .
Der Machzuwachs - als Machtreaktion, die Gewalt impliziert. Dies führt zu einer absichtlichen körperlichen Verletzung: Täter – Opfer Dualismus. Johan Galtung definiert Gewalt über das Vorliegen von menschlicher Beeinflussung, in der die aktuelle körperliche und geistliche Verwicklung geringer ist als die potentielle Verwirklichung.
Kann zwischen Gewalt und Aggression differenziert werden und wenn ja, worin besteht die Gemeinsamkeiten und Unterschiede?
Jede tatsächliche Aggression ist auch immer Gewalt und die Absicht der Schädigung spielt eine primäre Rolle. Der Unterschied besteht darin, dass nicht jede Gewalt eine Aggression darstellt. Hierbei wird von legitimierter Gewalt gesprochen, z.B. im Zusammenhang der Eigengefährdung, Schutz der Umwelt und die Gefährdung der Rekonvaleszenz eines Patienten, z.B. Fixierung eines Kindes zur Verhinderung des Herausreißens von Kanülen.
Mit diesen Entscheidungen sollte nicht leichtfertig umgegangen werden und im Vorfeld andere Optionen in Erwägung gezogen, z.B. eine intensivere Betreuung durch eine Fachkraft der gesundheitlichen Profession.
Eine entscheidende Aussage von Studien legt dar, dass es aggressive Mitarbeiter im Gesundheitswesen gibt. Die Betreuer generell ein pro-soziales Verhalten zeigen, gekennzeichnet durch Soft – Skills wie z.B. Freundlichkeit. Die Opfer meist alte, gebrechliche, hilflose und im Sterbeprozess befindliche Menschen. Die häufigsten Gewaltanwendungen konzentrieren sich auf den Bereich der psychischen Gewalt und der Vernachlässigung.
Das Shared-Desicion-Making-Modell ist ein Interaktionsmodell, was durch eine partnerschaftliche Beziehung zwischen Arzt und Patient gekennzeichnet ist. Mit anderen Worten der Arzt bringt seine Fachexpertise mit ein und der Patient seine Präferenz. Auf dieser Grundlage können sie eine konsensbasierende Entscheidung treffen, unter Berücksichtigung objektiver und subjektiver Faktoren. Hierbei können auch zwei Entscheidungspfade herangezogen werden, wobei eines davon ein beobachtendes Abwarten sein kann. Das SDM – Modell gliedert sich in drei Bereiche, dem Informationsfluss, dem Abwägen und der Entscheidung.
Junge Menschen interviewten Menschen, die sich im Sterbeprozess befinden. Ein Teil der Interviewer kam aus dem Bereich der gesundheitlichen Versorgung. Junge Menschen zwischen 16- 23 Jahren setzen sich entwicklungspsychologisch mit anderen Fragestellungen auseinander, sind sie nicht perönlich im sozialen Umfeld betroffen. Dieses Projekt trägt zur Identitätsbildung bei. Dabei entstanden Lebensperspektiven, die integriert und weiterentwickelt wurden und zwar nicht egoistisch, sondern unter Beachtung Anderer.

„Es ist ein großer Irrtum zu glauben, jetzt müssen alle ganz schnell therapiert werden. Die Wissenschaft hält dies inzwischen für kontraproduktiv.“ (Herrndorf 2013)
06.04.2017; Anja Herzog