Der Tod ist Gewissheit!
- Anja Herzog
- 6. Okt. 2016
- 4 Min. Lesezeit

Der Tod ist Gewissheit! Er ist ein Teil des Lebens. Für ihn gibt es eine Vielzahl von Synonymen, wie z.B. in Gras beißen, das zeitliche Segnen, abkratzen, abnibbeln, die letzte Reise antreten, in die Grube fahren, den Löffel abgeben, draufgehen, zur ewigen Ruhe kommen. Dies nur ein kleiner Ausschnitt des Potpourris.
Ungewiss ist Wann, Wie, Was passiert mit mir? Was geschieht nach dem Sterbeprozess? Wie ergeht es meinen Lieben? Wie verläuft das Leben ohne mich? Hier erstreckt sich ein Spektrum von W Fragen, die maßgeblich offenbleiben! Diesbezüglich können wir mit keinem Mitmenschen Erfahrungen / Erlebnisse austauschen. Es handelt sich um existentielle Fragen. Die Frage nach dem Sinn des Lebens. Im Leben besteht die Möglichkeit über die Erfahrungen / Erlebnisse, eigene Intensionen, Wünsche, Präferenzen, Ängste, Befürchtungen zu sprechen!
„Philosophieren heißt sterben lernen.“ Cicero
Die größte Berührungsangst in diesem Zusammenhang besteht in der Gegenwärtigkeit. Eine 50-jährige Person berichtete, dass sie vor kurzem das erste Mal eine tote Hand berührte. Sie fühlte sich kalt an, war von kreideweißer Hautfarbe und bewegte sich nicht. Die Berührung wurde nicht erwidert. Sie war steif. LEBLOS.
Diese Person stellt keinen Einzelfall dar, denn in der heutigen Gesellschaft kommt es erst zu einer persönlichen Berührung mit dem Tod, im mittleren Alter. Dies bedingt der demografische Wandel und die Globalität. Wenigen ist es gewährleistet den generationsübergreifenden Familienkontext im selben räumlichen Umfeld zu leben, mit all seinen Herausforderungen.
Ausnahmen in der Auseinandersetzung des Todes bilden die sozialen Berufe. Die Professionen, die in der Versorgung ihrer Mitmenschen agieren. Die Menschen in persönlichen Krisensituationen, wie z.B. Krankheit und Tod, begleiten.
Bekannt ist der Prozess des Sterbens aus dem medialen Raum in Form von Filmen, Serien, Computerspielen, Zeitungen, Bücher, den Social Medias. Dies sind einige Beispiele.
Allerdings kaum im persönlichen Kontext, der eigenen Betroffenheit in allen Dimensionen und dem unterliegenden Verarbeitungsprozess. Dies transportiert Emotionen, die in diesem Ausmaß bis dato nicht bekannt waren.
Es gibt Menschen, die sich sehr gern auf den Tod vorbereiten möchten, auf das, was auf sie zukommen könnte.
Der Tod kann durch die Agonie eingeleitet werden. Diese kündigt einen Ausfall der Lebensfunktionen an, z.B. durch die wenigen Sekunden andauernden Reflextod bis Herzrhythmusstörungen über mehrere Tage.
Die Diagnostizierung des Todes ist den Ärzten vorbehalten und an Symptomen geknüpft. Diese werden in sichere und unsichere Todeszeichen untergliedert. Die unsicheren Todeszeichen, die reversibel sind beziehen sich auf die Vitalzeichenparameter wie der Atmung – Ausfall der Spontanatmung, dem Herzkreislauf - Herzstillstand und dem Bewusstsein – Koma, Bewusstlosigkeit und der Reflexe, z.B. lichtstarre Pupillen und der Facies Hippokratia.
„Wenn sich das Aussehen (des Kranken) innerhalb der angegebenen Zeit nicht bessert, dann muss man wissen, dass es ein Anzeichen des Todes ist.“
Zitat von Hippokrates – Buch der Prognosen
Die sicheren Todeszeichen stellen sich nach dem irreversiblen Erlöschen der Lebensfunktionen ein. Dies umfasst Rigor mortis, Rigor Livores und dem Fäulnisprozess.
Rigor mortis – Leichenstarre setzt bereits 30 Minuten postmortal im Bereich des Unterkiefers ein und fixiert sich innerhalb von 7-8 h über den gesamten Körper, in den Bereichen der Gelenke. Diese löst sich nach 1-2 Tagen.
Rigor Livores – Totenflecke setzen 30 – 40 Minuten postmortal hinter den Ohren und dem Nacken ein und sind nach 2 h vollständig ausgeprägt. Fixiert sind diese Flecken nach 6-12 h. Sie gelten als das verlässlichste Todeszeichen.
Fäulnis, dieser Prozess setzt Temperatur abhängig ein. Symptome wie die Grünfärbung des Unterbaches und den aufgeblähten Bauch kennzeichnen diesen Prozess.
Auch noch weitere spezifische Todeszeichen, die in Zusammenhang mit der Todesursache auftreten sind relevant. Gerade im Fall einer ungeklärten Todesursache. Hierfür stehen Experten zur Verfügung.
Ein weiterer Wortlaut der ambivalent aufgriff findet. Die Einen beschreien den Verdrängungsmechanismus. Die fehlende bewusste Auseinandersetzung mit der Thematik des Sterbens und die anderen echauffieren, dass die permanente Beschäftigung mit dem Tod nicht gesund sei.
Hierzu führe ich 4 Zitate an, die sich aus ihrem Fokus heraus damit auseinandersetzten.
E. Kübler Ross:
Wir können nicht lange in die Sonne blicken und wir können dem Tod nicht immer ins Auge sehen.
A. Lindgren:
Man muss Leben, damit man sich mit dem Tod anfreundet.
Sokrates:
Wisst ihr nicht, dass ich schon vor längerer Zeit, seit ich geboren wurde, von der Natur zum Tode verurteilt bin.
E. Blechschmidt:
Bisher trat der Tod ein und wurde als solcher festgestellt. Heute setzten wir fest, wann der Mensch tot ist.
Trauer ist eine gesunde Reaktion auf einen Verlust und gilt als Heilungsprozess. Er verändert den Menschen und sein gesamtes Leben. Es wirkt sich auf die verschiedenen Bereiche des Lebens aus und äußert sich individuell. Die Säulen, die es aufgreift umfasst die Körperlichkeit, die Seele, das Verstandsbezogene, das Spirituelle und das Soziale.
Die Trauernden äußern Missempfindungen wie Kopfschmerzen, Herzklopfen, Magen – Darmprobleme, Beklemmungen, Sinnlosigkeit, Überforderung – Erleichterung, Gedankenkreisen, Angst verrückt zu werden, Glaubenskrisen, Trostlosigkeit, sozialer Abbruch, Isolation, Mitteilsarmut. Trauer beansprucht einen hohen Zeitaufwand, ist von langer Dauer und mit Geduld verbunden. Wird diese nicht gelebt, pathologisiert sie, was psychische Erkrankungen zur Folge hat, z.B. Entwicklung von Suchterkrankungen – Alkohol, Medikamentenabhängigkeit. Hier sind die Betroffenen auf professionelle Hilfe angewiesen. Der Prozess der Trauer verläuft ähnlich wie der Prozess des Sterbens in Phasen. Dieser läuft nicht linear ab! Gelegentlich verbleibt eine Resttrauer.
Der Prozess setzt mit dem Schock ein, mit einer Emotionslosigkeit - Sachlichkeit, in der die Realität als Alptraum erscheint. Das Gegenwärtige ist emotional nicht erschließbar in dem Ausmaß. Oft mündet dies in Arbeitswut oder anderen etwaigen Aktivitäten. Nach einer Zeit brechen die Emotionen über die Trauernden herein und Gefühle wie Wut, Hass, Traurigkeit, Verzweiflung breiten sich aus. Der Schmerz erscheint namenlos, Gedanken und Gefühle werden ausgesprochen. Es sind Gefühle, die Personen in diesem Ausmaß bis dato verwehrt blieben. Die längste Phase beinhaltet das Suchen und Trennen. Das Weiterleben erscheint unklar. Eine Sinnlosigkeit breitet sich aus bis sich ein neuer Bezug entwickelt, der einen neuen Platz im weiteren Leben schafft. Das Gefühl etwas sehr Schweres ausgestanden zu haben, macht sich breit.
Für die Bewältigung der Trauer steht in der heutigen schnelllebigen Gesellschaft kaum Zeit zur Verfügung. Es wird als etwas sehr Privates wahrgenommen, was im gesellschaftlichen Kontext kaum Platz beansprucht. Meist trauert jeder für sich allein.
„Manche Menschen sterben einfach deswegen, weil sie so alt sind, dass sie nicht mehr genug neue Zellen bilden und der Körper sie nicht mehr reparieren kann. Andere sterben an Krankheiten: (…)“ G. Schwikart; 2003; S.7)
Anja Herzog; 07.10.2016